Experte gleich Experte?
Problem ungeschützter Ausbildungsberuf (Seite 6 von 6)


Unangenehm: Durch die Vorberichte vieler Klienten muss ich regelmäßig von ungeeigneten Anbietern erfahren. Der Beruf Tiertherapeut erlebte vor kurzem eine Art Sternstunde, so dass Experten aller Art plötzlich wie Pilze aus dem Boden schossen. Was grundsätzlich begrüßenswert erscheint, zumal ein verfeinertes Bewusstsein für den Umgang mit unseren Schützlingen geschaffen wird, kehrt sich in blanke Ernüchterung um, wenn hierbei nur noch Helfer auftauchen, die keine sind - und lediglich ein schnelles Geschäft wittern. Kurzsichtige Schnelltipps werden zur Norm.

Ob lax erfragte Anamnesen, fehlende Diagnosestellung, ineffektive überholte Methoden, unglaubliche Fehlbewertungen oder ziellos angebotene Heilmittel, die sich die Katzen selbst aussuchen müssen - in den mir zugetragenen Vorgeschichten führen viele Wege nach Absurdistan. Da unser Berufsfeld nicht kontrolliert wird, können sich Geschädigte nicht mal an eine Kammer o.ä. wenden, um Beschwerde einzureichen. Vom TV werden genau diese Anbieter auch noch unterstützt. Zwar ist niemand unfehlbar, doch so vieles könnte vermieden werden, gäbe es eine übergeordnete, unabhängige Qualitätskontrolle.

Papier ist bzw. Webseiten sind geduldig. Doch wem hilft es, wenn einer bloß die Texte des anderen kopiert und trotzdem mangelhaft in der Leistung ist? Verschweigt der Experte seinen Ausbilder/die Abschlussnote, hat er dafür meist einen guten Grund. Autodidaktisch erworbenes Wissen mag für simple Probleme genügen, doch was ist bei komplexen Verhaltensstörungen?
Und selbst Absolventen renommierter Institute können mangels medizinischer und psychologischer Vorbildung wie auch einfach nur durch fehlende Einfühlungsgabe mit grandioser Inkompetenz glänzen.

Weil es keine einheitlichen Vorgaben gibt, arbeitet letztendlich jeder anders. Wird der Tätigkeit nur nebenberuflich oder ehrenamtlich nachgegangen, sind Professionalität und Qualität noch weniger gesichert.

Bleibt zu hoffen, dass sich Hilfesuchende darüber im Klaren sind, dass es gerade in freien Berufen solche und solche gibt. Es macht Sinn, sich im Vorfeld über die tatsächliche Qualifikation und Leistung eines Experten zu informieren, z.B. bei seinem Ausbilder und auch bei Tierhaltern, die ihn bereits beauftragt hatten.

Und obwohl es keine Erfolgsgarantien gibt und die Prognose manchmal nur mäßig ist: Wem nicht wirklich geholfen wurde, wen Niveau oder Umfang der Leistung ernüchterte, der sollte zumindest darüber nachdenken, ob es nicht doch am Therapeuten gelegen haben kann. In diesem Sinne, bleiben Sie wachsam.

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